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Moa Herngren schrieb den schwedischen Bestseller Scheidung – ein Roman, der einfühlsam, differenziert und überraschend die zwei Seiten einer Scheidung beleuchtet. In diesem Kurzinterview erfahren Sie mehr über den genialen Roman sowie die Autorin. Die Fragen sind ein Ausschnitt aus einem Q&A mit Moa Herngren, welches ihr schwedischer Verlag Norstedts führte und uns zur Verfügung stellte. Wir danken für die freundliche Unterstützung!
Mein Ausgangspunkt war es, mich in eine Figur hineinzuversetzen, die mit einer Scheidung konfrontiert ist, die aus dem Nichts kommt – nachdem sie viele Jahre mit jemandem zusammen war, bei dem sie sich sicher und geborgen gefühlt hat. Bea sieht die Scheidung überhaupt nicht kommen, und für mich ist das ein sehr beängstigendes Szenario. Man versteht nicht, was passiert, wenn einem plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen wird; nicht zu wissen, was als nächstes kommen wird oder wie man das bewältigen kann. Ich wollte, dass der Anfang sowohl beängstigend als auch rätselhaft ist. Ich wollte, dass die Leser sich wirklich hineinversetzen können und dass sie sich fragen: "Was wäre, wenn mir das passiert wäre?". Ich bin ein Fan von Cliffhangern und Spannung, und wenn ich arbeite, weiß ich selbst nicht immer, was als Nächstes passieren wird. Das macht den Schreibprozess meiner Meinung nach umso spannender. Ich kann es kaum erwarten, auf der nächsten Seite anzukommen, weil ich es herausfinden will.
Ich glaube, ich bin immer für die Figur, die ich gerade schreibe. Ich muss in diesem Moment ganz auf ihrer Seite sein. Wenn ich sie dann später von außen betrachte, sind sie wie enge Freunde, die man wirklich gernhat. Man sieht ihre Schwächen, aber man liebt sie trotzdem und drückt ihnen die Daumen und wünscht ihnen das Beste. Man weiß, dass sie immer wieder Fehler machen werden, aber so sind die Menschen nun mal.
Ich habe sehr viel recherchiert, mit Menschen und Freunden gesprochen, aber auch eigene Erfahrungen verarbeitet, da das Verständnis für mich selbst und frühere Beziehungen beim Schreiben eine große Rolle spielte. Ich glaube, es ist sehr schwierig im Nachhinein zu sagen, was was ist und was woher kam. Es ist ein fiktives Werk, aber als Schriftstellerin arbeitet man mit allem, was man hat, und verwendet Dinge, die man selbst erlebt, gehört, gelesen, gesehen hat und dann fügt man eine Menge Fantasie hinzu.
Zum Beispiel ist das Haus auf Gotland das Haus meines Schwiegervaters, aber ich habe es im Buch für meine Zwecke angepasst. Die Wohnung von Bea und Niklas in Stockholm ist die Wohnung eines Schulfreundes, in der ich als Kind viel Zeit verbracht habe, diese habe ich für Bea und Niklas in meinem Kopf ebenfalls "nachgebaut". Wenn man schreibt, erfindet und gestaltet man ständig neu. Aber die Erzählung selbst ist auch eine Geschichte über meine größte Angst, und ich habe versucht, von dort aus zu starten und mir vorzustellen, wie das ablaufen würde.
Abgesehen davon, dass die Blumen auf dem Cover von Scheidung meine (und Beas) Lieblingsblumen sind, war es toll, so ein süßes und unschuldiges Cover in Kontrast zu der ziemlich dunklen und schmerzhaften Handlung zu setzen. Für mich ist es zudem ein Symbol für das, was wir nach außen tragen und der Welt zeigen wollen: dass alles in Ordnung ist, während sich hinter der Fassade eine ganz andere Geschichte verbirgt.